Make it count green | GÖRG ESG Update: Die „ESG“-Kriterien-konforme Immobilie – Die technischen Bewertungskriterien nach der Taxonomie-Verordnung bei der Renovierung von Bestandsimmobilien | GÖRG Banking & Finance Blog

Make it count green | GÖRG ESG Update: Die „ESG“-Kriterien-konforme Immobilie – Die technischen Bewertungskriterien nach der Taxonomie-Verordnung bei der Renovierung von Bestandsimmobilien

Der Europäische Gesetzgeber hat in der zur Taxonomie-Verordnung erlassenen delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 („delegierte Verordnung“) nicht nur technische Bewertungskriterien für die Errichtung von Neubauten (näheres hierzu in unserem Blogbeitrag vom 25.09.2023), sondern u.a. auch technische Bewertungskriterien für die Renovierung von Bestandsimmobilien aufgestellt, bei deren Einhaltung die Renovierung (1) einen wesentlichen Beitrag zu den ersten beiden Umweltzielen „Klimaschutz“ oder zur „Anpassung an den Klimawandel“ leistet und (2) erhebliche Beeinträchtigungen der anderen Umweltziele vermieden werden.

Im Folgenden soll exemplarisch erläutert werden, welche technischen Bewertungskriterien bei der Renovierung von Bestandsimmobilien beachtet werden müssen und welche Unterschiede zu den Anforderungen an Neubauten bestehen.

Renovierung von Bestandsimmobilien

In der delegierten Verordnung wird die immobilienspezifische Wirtschaftstätigkeit „Renovierung bestehender Gebäude“ definiert als „Hoch- und Tiefbauarbeiten oder deren Vorbereitung“.

1. Wesentlicher Beitrag zum Umweltziel „Klimaschutz“

Die Renovierung eines bestehenden Gebäudes leistet dann einen wesentlichen Beitrag zum Umweltziel des „Klimaschutzes“, wenn

  1. die Renovierung den geltenden nationalen Anforderungen an „größere Renovierungen“ gemäß den nationalen und regionalen Bauvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2010/31/EU („Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“) entspricht oder
  2. die Renovierung zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs der Immobilie um mindestens 30 % führt.

(1) Größere Renovierung

Nach den Vorgaben in der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden hat der Europäische Gesetzgeber eine „größere Renovierung“ auf zweierlei Weise definiert und dabei den Mitgliedstaaten überlassen, für welche Definition im nationalen Gesetz sie sich entscheiden: Einerseits liegt eine „größere Renovierung“ vor, wenn mehr als 25 % der Oberfläche der Gebäudehülle einer Renovierung unterzogen werden. Alternativ können die Mitgliedstaaten den Begriff der „größeren Renovierung“ auch dahingehend definieren, dass diese dann vorliegt, wenn die Gesamtkosten der Renovierung der Gebäudehülle oder der gebäudetechnischen Systeme den Wert des Gebäudes um 25 % übersteigen.

Der deutsche Gesetzgeber hat die in der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden aufgestellten Anforderungen u.a. im Teil 3 des Gebäudeenergiegesetzes („GEG“) umgesetzt. Allerdings hat er hierbei nicht den Begriff „größere Renovierung“ verwendet, sondern die im GEG an Renovierungen von Bestandsimmobilien geregelten Anforderungen (Wärmedämmung der obersten Geschossdecken etc.) grundsätzlich für alle Renovierungen von Gebäuden (unabhängig von der „Größe“ der Renovierung) festgeschrieben. Diese Umsetzung des deutschen Gesetzgebers dürfte auch nicht gegen den Wortlaut des Artikel 7 der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verstoßen. Denn nach diesem sollen die Mitgliedstaaten nicht nur Regelungen zur Erhöhung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, aufstellen, sondern auch für den Fall, dass nur ein Gebäudeteil renoviert wird, Maßnahmen regeln, damit die Gesamtenergieeffizienz des renovierten Gebäudeteils erhöht wird.

Lediglich im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz („GEIG“) hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, den Begriff der „größeren Renovierung“ verwendet und dabei festlegt, dass bei größeren Renovierungen beispielsweise bei bestehenden Nichtwohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet und zusätzlich mindestens ein Ladepunkt errichtet werden soll.

Sofern nunmehr in der delegierten Verordnung zur Taxonomie-Verordnung darauf verwiesen wird, dass die von den Mitgliedstaaten aufgestellten Anforderungen bei „größeren Renovierungen“ eingehalten werden müssen, führt dieser Verweis – zumindest in Deutschland – derzeit zu dem Ergebnis, dass nicht auf die Anforderungen im GEG verwiesen wird (da im GEG Anforderungen bei „größeren Renovierungen“ schlicht nicht geregelt sind). Stattdessen wird dadurch nur auf die Anforderungen im GEIG verwiesen, sodass eine Renovierung einer Bestandsimmobilie einen wesentlichen Beitrag zum Umweltziel „Klimaschutz“ leistet, wenn beispielsweise Stellplätze der gewerblichen Immobilie mit E-Ladesäulen ausgestattet sind.

(2) Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 30 %

Alternativ leistet die Renovierung eines Bestandsgebäudes dann einen wesentlichen Beitrag zum Umweltziel „Klimaschutz“, wenn die Renovierung zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs („PEB“) der Immobilie um mindestens 30 % führt. Damit dies bei einer Renovierung bestimmt werden kann, bedarf es zunächst der Ermittlung des ursprünglichen Primärenergiebedarfs. Diese Ermittlung soll nach dem Willen des Europäischen Gesetzgebers auf einer detaillierten Gebäudeaufnahme, einem Energieaudit (das von einem akkreditierten unabhängigen Sachverständigen durchgeführt wird) oder einer anderen verhältnismäßigen Methode beruhen, und mittels eines Energie Performance Certificate („EPC“) validiert werden. Die Verbesserung um 30 % soll sich sodann aus einer tatsächlichen Verringerung des PEB ergeben. Hierbei darf die Verringerung des Nettoprimärenergiebedarfs an Energie aus erneuerbaren Quellen nicht berücksichtigt werden und die Verringerung muss durch eine Reihe von Maßnahmen innerhalb von höchstens drei Jahren erreicht werden.

(3) Vergleich zum Neubau

Die technischen Bewertungskriterien, die bei der Renovierung von Bestandsimmobilien eingehalten werden müssen und diejenigen, die bei Neubauten gelten, weichen voneinander ab. Während bei Neubauten der PEB mindestens 10 % unter dem Schwellenwert für Niedrigstenergiegebäude liegen muss, muss sich der PEB bei Bestandsgebäuden durch die Renovierung um mindestens 30 % verringert haben oder aber eben die nationalen Anforderungen an „größere Renovierungen“ einhalten.

2. Wesentlicher Beitrag zum Umweltziel „Anpassung an den Klimawandel“

Die Renovierung einer Bestandsimmobilie leistet dann einen wesentlichen Beitrag zum Umweltziel „Anpassung an den Klimawandel“, wenn eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung durchgeführt worden ist und sodann sogenannte „Anpassungslösungen“ umgesetzt werden, mit denen Klimarisiken (Temperaturänderungen, Hitzestress, Windverhältnisse etc.) erheblich reduziert werden. Diesbezüglich besteht bei den technischen Bewertungskriterien kein ersichtlicher Unterschied im Vergleich zum Neubau.

3. Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen anderer Umweltziele

Wie bei Neubauten ist auch bei der Renovierung von Bestandsimmobilien weitere Voraussetzung für die Deklarierung einer Renovierung als nachhaltig, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der anderen in der Taxonomie-Verordnung definierten Umweltziele vermieden wird.

Die zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen des jeweiligen Umweltziels aufgestellten technischen Bewertungskriterien sind hier ebenfalls weitestgehend identisch wie beim Neubau. Lediglich im Hinblick auf die Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen des Umweltziels „Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme“ werden durch den Europäischen Gesetzgeber – anders als bei Neubauten – derzeit keine technischen Bewertungskriterien aufgestellt. Denn bei den technischen Bewertungskriterien für die Errichtung von Neubauten handelt es sich um standortspezifische technische Bewertungskriterien (keine Errichtung auf Acker- und Kulturflächen und unbebautem Land mit Bodenfruchtbarkeit und biologischer Vielfalt oder Waldflächen) sowie um die Einhaltung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die denklogisch bei Bestandsimmobilien nicht eingehalten bzw. durchgeführt werden.

Fazit

Bei Renovierungen von Bestandsimmobilien müssen Eigentümer nicht nur die im GEG und GEIG aufgestellten Anforderungen einhalten, sondern sollten auch die technischen Bewertungskriterien der delegierten Verordnung zur Taxonomie-Verordnung beachten. Da die technischen Bewertungskriterien laufend vom Europäischen Gesetzgeber ergänzt und aktualisiert werden, besteht die Herausforderung vor allem darin, die zum Zeitpunkt der Renovierung geltenden technischen Bewertungskriterien überhaupt erst zu ermitteln, bevor diese sodann umgesetzt werden können.

Wie das Beispiel der „größeren Renovierung“ zeigt, scheint bei der Bestimmung der technischen Bewertungskriterien auch der Europäische Gesetzgeber durch die unzähligen Verweise auf andere Richtlinien und Verordnungen den Überblick verloren zu haben. Denn anders als bei Verordnungen steht den Mitgliedstaaten bei Richtlinien ein Umsetzungsspielraum zu. Der zur Bestimmung der technischen Bewertungskriterien verwendete Verweis auf andere Richtlinien führt mithin letztlich dazu, dass die technischen Bewertungskriterien in Details in den Mitgliedstaaten eben doch nicht einheitlich sein dürften, wodurch das Ziel der Schaffung eines einheitlichen europäischen Klassifikationssystems verfehlt werden könnte.

Da das Vorliegen einer taxonomiekonformen bzw. energieeffizienten Renovierung zukünftig einen erheblichen Einfluss auf den zu erzielenden Kaufpreis einer Immobilie haben dürfte, wird der Immobilienbranche jedoch nichts anderes übrig bleiben als sich mit den europäischen Regulierungsvorgaben auseinanderzusetzen.

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