Am 15.03.2024 haben sich die Abgeordneten des Rechtsausschusses der EU auf eine finale Version der CSDDD geeinigt. Zuvor hatten einige Länder, darunter auch Deutschland und Italien, sich hierzu enthalten und somit vor allem Bedenken hinsichtlich eines erhöhten bürokratischen Aufwands zum Ausdruck gebracht. Man hat sich nun auf eine "entschärfte" Version vor allem hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der Haftung geeinigt. Eine erste Einigung wurde im Dezember 2023 zwischen dem Europäischen Rat und dem EU-Parlament erzielt. Mit der Richtlinie sollen Menschenrechte und Umweltbelange in der Union gestärkt und der internationale Klimaschutz vorangetrieben werden. Inhaltlich baut die CSDDD auf dem französischen Loi de vigilance und dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) auf.
Relevante Inhalte der CSDDD im Vergleich zum LkSG
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die CSDDD im Anwendungsbereich weiter und hinsichtlich der Sorgfaltspflichten umfangreicher ist. Es sind folgende relevanten Unterschiede zum LkSG zu beachten:
(1) Anwendungsbereich:
- LkSG:
Das LkSG findet Anwendung für Unternehmen mit Sitz bzw. Niederlassung in Deutschland und 3.000 bzw. – verschärft seit dem 01.01.2024 – 1.000 Beschäftigten im Inland (§ 1 Abs. 1 LkSG).
- CSDDD:
Die CSDDD findet grundsätzlich Anwendung für:
(1) Unternehmen nach Art. 2 Absatz 1, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden und
(a) mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigen, für die ein Jahresabschluss erstellt wurde und die einen Umsatz von mehr als EUR 450 Mio. erzielen (Art. 2 Abs. 1 (a)) oder
(b) die Schwellenwerte unter (a) nicht erreichen, aber die eine Muttergesellschaft eines Konzerns sind, der diese Schwellenwerte erreicht (Art. 2 Abs. 1 (b)) oder
(ba) ein Mutterkonzern mit einem Nettoumsatz von mehr als EUR 80 Mio. sind, die als Lizenz- oder Franchisegeber Vereinbarungen mit unabhängigen Dritten schließen, deren Lizenzgebühren EUR 22,5 Mio. übersteigen, sofern eine gemeinsame Identität, ein gemeinsames Geschäftskonzept und einheitliche Geschäftspraktiken vorliegen (Art. 2 Abs. 1 (ba)).
(2) Unternehmen nach Art. 2 Absatz 2, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurden.
Für diese Unternehmen gelten andere Bestimmungen, Grenzen und teilweise Ausnahmen. Im Weiteren wird jedoch lediglich auf die Unternehmen eingegangen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden (Art. 2 Abs. 1).
(2) Umfang der Sorgfaltspflichten:
- LkSG:
Das LkSG umfasst Sorgfaltspflichten hinsichtlich Menschenrechten und der Umwelt im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber (un-)mittelbaren Zulieferern (Art. 3 Abs. 1 LkSG).
- CSDDD:
Die CSDDD erweitert den Umfang der Sorgfaltspflichten auch auf den Klimawandel bzw. die Klimaziele. Geprägt von dem Pariser Klimaabkommen, greift die CSDDD das „1,5-Grad-Ziel“ auf und verpflichtet die Unternehmen, einen sogenannten „transition plan“ zu erstellen, in dem sie darlegen, wie sie im Rahmen ihres Geschäftsmodells und ihrer Strategie zur Erreichung dieses Ziels beitragen wollen. Die Sorgfaltspflichten des Art. 4, die nach Art. 5 in die Unternehmenspolitik einzubeziehen sind, adressieren auch Umweltbelange, z.B. den Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen, Wasser- und Luftverschmutzung oder übermäßigem Wasserverbrauch. Persönlich beziehen sich diese Sorgfaltspflichten nicht nur auf die eigene Geschäftstätigkeit und die Lieferantenseite („upstream“), sondern teilweise auch auf nachgelagerte Aktivitäten („downstream“) wie z.B. Lagerung, Vertrieb und Entsorgung.
(3) Haftung und Bußgelder:
- LkSG:
Bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten enthält das LkSG Bußgelder bis zu 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes bei einem Jahresumsatz von mehr als EUR 400 Mio. (Art. 25 Abs. 3 LkSG).
Eine zivilrechtliche Haftung enthält das LkSG nicht – eine solche kann sich lediglich nach anderen Vorschriften (u.a. UWG oder einer deliktischen Haftung) ergeben (Art. 3 Abs. 3 LkSG).
- CSDDD:
Die CSDDD enthält zwar eine zivilrechtliche Haftung (Art. 22) für Unternehmen, die ihre Sorgfaltspflichten nicht nachkommen. Die Ausgestaltung dieser Haftung wird jedoch den Mitgliedstaaten überlassen. Hierbei gibt die CSDDD vor, dass die nationalen Vorschriften über den Beginn, die Dauer und die Hemmung der Verjährung die Erhebung der Schadensersatzklagen nicht unangemessen behindern dürfen und in keinem Fall restriktiver sein dürfen als die nationalen Vorschriften zur allgemeinen zivilrechtlichen Haftung. Insbesondere darf die Verjährungsfrist nicht kürzer sein, als nach den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregelungen der Mitgliedstaaten und sollte mindestens 5 Jahre betragen (Art. 22 Abs. 2a).
Die möglichen Bußgelder betragen nach der CSDDD bis zu 5% des weltweiten Nettoumsatzes (Art. 20 Abs. 3) – und sind somit höher als bei dem LkSG. Zuständig hierfür sind jedoch die jeweiligen Mitgliedstaaten. Diese sollen sicherstellen, dass Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.
Finanzsektor
Ein entscheidender Punkt in den Trilog-Verhandlungen war die Frage, ob der Finanzsektor in den Anwendungsbereich der CSDDD fallen soll. Es wurde argumentiert, dass der Finanzsektor aufgrund seiner Besonderheiten, insbesondere im Hinblick auf die Wertschöpfungskette und die angebotenen Dienstleistungen, nicht als Branche mit erhöhtem Risikopotenzial anzusehen sei, auch wenn sektorspezifische OECD-Leitlinien gelten (Erwägungsgrund 22 (EU) 2019/1937). In der aktuellsten Fassung sind AIFs und OGAWs explizit von der CSDDD ausgenommen (Art. 2 Abs. 7).
Next Steps
Die CSDDD muss nun im Europaparlament in der derzeitigen Legislaturperiode verabschiedet werden, also vor der Europawahl im Juni 2024. Sofern dies gelingt, folgt auf EU-Ebene nach Art. 30 eine stufenweise Einführung der Pflichten:
- 3 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und EUR 1.500 Mio.
- 4 Jahre nach Inkrafttreten für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und EUR 900 Mio.
- 5 Jahre nach Inkrafttreten finaler Anwendungsbereich nach Art. 2.
Festzuhalten ist, dass Art. 11 hiervon zunächst ausgenommen und erst für das jeweilige nächste volle Geschäftsjahr anzuwenden ist.
Ausblick
Sofern die CSDDD im Europaparlament verabschiedet wird, müssen die Mitgliedstaaten diese innerhalb von 2 Jahren in nationales Recht umsetzen. Ob der deutsche Gesetzgeber für die Umsetzung das bestehende LkSG an die neuen Vorgaben der CSDDD anpasst oder ein neues Gesetz verabschiedet, ist derzeit unklar. Bis zum Umsetzung der CSDDD ist es ratsam, mit den aktuellen Regelungen des LkSG compliant zu sein.
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