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Make it count green | GÖRG ESG-Finance Update: Q&As zur Umsetzung des europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) als nächster Schritt in der Konsolidierung von ESG-Offenlegungspflichten

Am 31. Juli 2023 hat die EU-Kommission ihre Q&As zu der Umsetzung des europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um einen delegierten Rechtsakt zu der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ((EU) 2022/2464).

Den ersten konsolidierten Entwurf der ESRS (sog. Set 1) hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) der EU-Kommission im November 2022 vorgelegt. Im Anschluss nahm die EFRAG umfangreiche Änderungen vor, um vor allem den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zu verringern. Dies hatte eine Reduzierung der Berichtspflichten um fast die Hälfte zur Folge. Anfang Juni 2023 veröffentlichte die EU-Kommission die endgültige Fassung verbunden mit einer vierwöchigen Frist zur öffentlichen Stellungnahme

Was sind die ESRS?

Nach der CSRD, als Weiterentwicklung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), sind bestimmte großen EU-Unternehmen und/oder börsennotierte Unternehmen verpflichtet, Nachhaltigkeitsinformationen bzw. ESG-Informationen offenzulegen. Dies soll es Anlegern und Investoren erleichtern, sich eine taugliche Entscheidungsgrundlage für nachhaltige Investitionsentscheidungen zu schaffen und soll auf diese Weise dazu beitragen, den Kapitalfluss in Richtung einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zu lenken.

Aktuell reichen die offengelegten Informationen meist nicht aus oder die Offenlegungsberichte sparen gerade solche Informationen aus, die für Inverstoren und Anleger von entscheidender Bedeutung sind. Dies hat zur Folge, dass Art und Umfang der offengelegten Informationen zwischen einzelnen Unternehmen zum Teil stark divergieren und Inverstoren und Anleger damit ein zuverlässiger Überblick über die Nachhaltigkeitsrisiken, denen die Unternehmen ausgesetzt sind, fehlt (hierzu auch unser Blogbeitrag zu ESG-Ratinganbietern).

Aufgrund dieser Erkenntnis, soll mit den ESRS – als delegierte Rechtsakte zur CSRD – verpflichtende und einheitliche Standards beim ESG-Reporting geschaffen werden, um eine klare und vergleichbare Darstellung der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsrisiken- und Maßnahmen zu erreichen. Positiver Effekt auf Unternehmensseite sollte dabei langfristig die Kostenersparnis für Berichterstattung werden verbunden mit einer qualitativen und zuverlässigen nachhaltigkeitsbezogenen Berichterstattung.

Was muss berichtet werden?

Die ESRS folgen einer sog. „doppelten Wesentlichkeitsperspektive“ aus Berichts- und Aufklärungspflichten. Die verpflichteten Unternehmen müssen auf der einen Seite (i) die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Mensch und Umwelt darstellen und andererseits über (ii) die Nachhaltigkeitsrisiken- und Chancen des Unternehmens aufklären .

Das Set 1 umfasst zwölf ESRS, die das gesamte Spektrum der Nachhaltigkeit abdecken. Diese Standards lassen sich in vier Gruppen kategorisieren:

  1. Querschnittsstandards (ESRS 1 und ESRS 2);
  2. Umwelt
  • ESRS E1 „Klimawandel“;
  • ESRS E2 „Verschmutzung“;
  • ESRS E3 „Wasser- & Meeresressourcen“;
  • ESRS E4 „Biodiversität & Ökosysteme“;
  • ESRS E5 „Ressourcennutzung & Kreislaufwirtschaft“.
  1. Soziales
  • ESRS S1 „Eigene Arbeitskräfte“;
  • ESRS S2 „Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette“;
  • ESRS S3 „Betroffene Gemeinschaften“;
  • ESRS S4 „Verbraucher & Endverbraucher“.
  1. Governance
  • ESRS G1 „Geschäftsverhalten“

Innerhalb des Set 1 wird ein allgemeiner Teil vor die Klammer gezogen. Die ESRS 1 („Allgemeine Anforderungen“) legt allgemeine Grundsätze fest, die bei der Berichterstattung nach den ESRS anzuwenden sind, enthält jedoch selbst keine spezifischen Offenlegungsanforderungen. Die ESRS 2 („Allgemeine Angaben“) dagegen legt wesentliche Informationen fest, die unabhängig vom jeweiligen Nachhaltigkeitsaspekt offengelegt werden müssen und ist für alle CSRD-verpflichteten Unternehmen verbindlich.

Die weiteren zehn Standards sowie die einzelnen Offenlegungsanforderungen unterliegen einer Wesentlichkeitsprüfung. Dies bedeutet, dass nur Informationen offengelegt werden müssen, die für das Geschäftsmodell und seine Tätigkeit relevant („wesentlich“) sind. Unwesentliche Informationen, können freiwillig offengelegt werden.

Der Prozess der Wesentlichkeitsbewertung, also die Prüfung, ob Informationen verpflichtend offenzulegen und damit „wesentlich“ sind, unterlegt einer externen Prüfung.

Bewertet ein Unternehmen einzelne Standards als unwesentlich für sein Geschäftsmodell, ist das Unternehmen verpflichtet, das Ergebnis der Wesentlichkeitsprüfung in seinem Offenlegungsbericht ausführlich zu erläutern. Diese Anforderung spiegelt die Folgen wider, die der Wandel hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft mit sich bringt.

Änderungen des Standardentwurfs der EFRAG

Die EU-Kommission hat eine Reihe von Änderungen an dem ursprünglichen, im November 2022 von der EFRAG vorgelegten Set 1-Entwurf vorgenommen. Die Änderungen lassen sich in folgende Hauptkategorien einteilen:

  • Schrittweise Einführung bestimmter Berichtspflichten;
  • Mehr Flexibilität der Unternehmen bei der Wesentlichkeitsentscheidung;
  • Freiwilligkeit bezüglich einzelner vorgeschlagenen Anforderungen.

Gegen diese Änderungen, haben mehrere Umweltorganisationen (u.a. German Watch, WWF, NABU) bedenken geäußert: Nach ihrer Auffassung wurde der ursprüngliche Vorschlag bereits abgeschwächt. Das von der EFRAG vorgeschlagene Ambitionsniveau müsse wiederhergestellt werden, da sonst der Anspruch, die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit der Finanzberichterstattung zu heben, ad adsurdum führen würde. Es wurde ebenfalls die Möglichkeit für Unternehmen kritisiert, den Klimawandel (ESRS E1) an sich als kein wesentliches Thema zu kategorisieren . Dies sei weder aus wissenschaftlicher, politischer noch unternehmerischer Sicht sinnvoll.

Ausblick

Die ESRS sollen in der zweiten Augusthälfte 2023 dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung übermittelt werden. Die Prüfungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Monate und kann um weitere zwei Monate verlängert werden. Das EU-Parlament oder der Rat könnten den Entwurf ablehnen, aber nicht ändern. Sollte die ESRS verabschiedet werden, wären folgende Fristen einzuhalten:

  • Unternehmen, die bisher der NFDR unterlagen (große börsennotierte Unternehmen, große Banken und große Versicherungsunternehmen, alle mit mehr als 500 Mitarbeitern): Erste Nachhaltigkeitserklärung 2025 für das Geschäftsjahr 2024;
  • Andere große Unternehmen: Erste Nachhaltigkeitserklärung 2026 für das Geschäftsjahr 2025;
  • Börsennotierte KMU: Erste Nachhaltigkeitserklärung 2027 für das Jahr 2026 (eine Verlängerung um zwei Jahre ist möglich).

Grundsätzlich sind hiervon ebenfalls Unternehmen aus Drittstaaten umfasst. Hierzu sollen gesonderte Standards verabschiedet werden.

Darüber hinaus ist geplant, in regelmäßigen Abständen unverbindliche technische Leitlinien durch die EFRAG zur Anwendung der ESRS zu veröffentlichen. Ebenso soll in Kürze ein „Portal für technische Fragen“ eingerichtet werden.

Wann die ESRS endgültig verabschiedet wird, bleibt abzuwarten. Es handelt sich im Gegensatz zu vielen europäischen Neuerungen, nicht um „Soft Law“, sondern um eine Verpflichtung. Da der Vorschlag nicht geändert werden kann und eine Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits für die nach der NFDR verpflichteten Unternehmen für das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet wird, ist es ratsam sich mit der ESRS auseinanderzusetzen und alle notwendigen Weichen zu stellen.

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