Make it count green | GÖRG ESG-Finance-Update: LG Stuttgart nimmt zu einem Fall von umweltbezogener Bewerbung eines Finanzproduktes Stellung (Az.: 35 O 97/22 KfH) | GÖRG Banking & Finance Blog

Make it count green | GÖRG ESG-Finance-Update: LG Stuttgart nimmt zu einem Fall von umweltbezogener Bewerbung eines Finanzproduktes Stellung (Az.: 35 O 97/22 KfH)

In der jüngeren Vergangenheit mehrte sich die Berichterstattung über sog. „Greenwashing“. Kürzlich hatte in einem Fall von umweltbezogener Bewerbung eines Finanzproduktes das Landgericht Stuttgart (Urt. v. 6. Februar 2023, Az. 35 O 97/22 KfH) zu entscheiden.

Hintergrund

Das inzwischen eine Mehrheit der Konsumenten Marken bevorzugen, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen, wurde auf Seiten der werbenden Unternehmen schon früh antizipiert. Laut Umfragen erhöht das Thema Umweltschutz die Werbeakzeptanz um bis zu 43 Prozent. Hierbei soll der Nachhaltigkeitskontext einen größeren Einfluss auf die Werbewahrnehmung entwickeln als die Botschaft der Anzeige selbst. Verbraucher seien demnach bereit, für ein als nachhaltig bzw. umweltfreundlich dargestelltes Produkt deutlich mehr zu bezahlen um damit einen persönlichen Beitrag zu leisten.

In diesem Kontext hat der Begriff des sog. „Greenwashing“ schnell eine vergleichbar hohe Bedeutung gewonnen.

Für „Greenwashing“ existiert dabei noch keine allgemeingültige Definition. Es wird unter anderem als Verzerrung und Falschdarstellung von folgenden Aspekten verstanden:

  • den "grünen" Zweck einer Finanzierung;
  • die Bewertung und Überprüfung von ESG-Zielen;
  • worüber berichtet wird und wie dies gemessen wird;
  • die Folgen von Verstößen gegen die ESG-Verpflichtungen und Berichterstattungspflichten.

Umgang mit Greenwashing

Nach einer Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 waren 53,3 Prozent der geprüften Umweltaussagen in der EU vage, irreführend oder nicht fundiert. 40 Prozent der Aussagen waren demnach nicht belegt. Mangels gemeinsamer Vorschriften zu freiwilligen Umweltaussagen der Unternehmen („Green Claim“) entsteht Greenwashing und ungleiche Wettbewerbsbedingungen, wodurch tatsächlich nachhaltige Unternehmen benachteiligt werden.

Urteil des Landgericht Stuttgart vom 6. Februar 2023

So auch in dem Fall, der vor dem LG Stuttgart verhandelt wurde: Die Commerz Real Fund Management S.á r.l., eine Tochtergesellschaft der Commerzbank, bewarb einen Fonds, mit dem Anleger einen „messbaren ökologischen Beitrag“ zur Vermeidung von CO2 leisten können. Die Verbraucherzentrale erhob Klage wegen irreführender Werbung. Das LG Stuttgart bejahte einen Anspruch auf Unterlassung gem. §§ 8, 3, 5a Abs. 1 UWG, da der Verbraucher nicht hinreichend darüber aufgeklärt werde, wie die Berechnung der Messbarkeit der beworbenen CO2-Vermeidung konkret erfolgt. Die Aufklärung sei in diesem Fall nicht hinreichend und damit irreführend i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG.

In der Vergangenheit haben sich auch weitere Unternehmen mit dem Vorwurf des „Greenwashings“ beschäftigen müssen. Es lässt sich erkennen, dass vor allem die Kleidungsindustrie und der Finanzsektor betroffen sind. Mangels allgemeingültige Definition für „Greenwashings“, könnten Unternehmen dem Trugschluss unterliegen, dass drohende Konsequenzen überschaubar sind.

Wurde - wie beim LG Stuttgart - bisweilen auch in vergleichbaren Fällen primär „nur“ auf das UWG zurückgegriffen, sofern der Vorwurf des „Greenwashings“ im Raum stand, sind Staatsanwaltschaften im Jahr 2022 dazu übergegangen, den Vorwurf des „Greenwashings“ strafrechtlich als Betrug oder Kapitalanlagebetrug zu bewerten.

EU - „Green Claims Directive“

Daneben ist das Thema „Greenwashing“ inzwischen auch auf der Agenda verschiedener nationaler und internationaler Aufsichtsbehörden. Die EU-Kommission plant höchst aktuell ein Gesetz zum Verbot von Greenwashing – am 22. März 2023 wurde der Entwurf der sog. „Green Claims Directive“ (2023/0085 (COD)) veröffentlicht. Hiernach sollen Unternehmen ihre Produkte nur dann als umweltfreundlich oder klimaneutral, also „grün“, bewerben dürfen, sofern dies wissenschaftlich belegbar ist. Die entwickelten gemeinsamen Kriterien gegen irreführende Umweltaussagen sollen „Greenwashing“ verhindern.

Ausblick

Das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz wird in den kommenden Jahren einen immer größeren Stellenwert in allen Bereichen der Wirtschaft und des täglichen Lebens einnehmen. Es ist ebenfalls damit zu rechnen, dass zu den teilweise schon bestehenden Regelungen neue Regelungen hinzutreten werden. Vor allem vor dem Hintergrund der schwerwiegenden Konsequenzen bei Verstößen, wird eine umfassende Beratung durch Experten immer wichtiger, um Risiken zu minimieren und auszuschließen – über Updates und relevante Rechtsprechung wird GÖRG in diesem Rahmen zukünftig ebenfalls gezielt an dieser Stelle berichten.

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