Die EU Kommission hat einen Entwurf für eine neue Delegierten Verordnung (Ref.Ares(2023)2481554 - 05/04/2023) zur Ergänzung der Taxonomie-Verordnung ((EU) 2020/852) veröffentlicht – seit dem 5. April 2023 bis zum 3. Mai 2023 stellt die EU-Kommission den Entwurf zur öffentlichen Konsultation.
Bisher hatte sich die EU-Kommission bei den Delegierten Verordnungen auf die ersten beiden in Artikel 9 der Taxonomie-Verordnung genannten Umweltziele (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) fokussiert. Mit dem vorgestellten Entwurf soll nun die Entwicklung von Taxonomie-Kriterien für die übrigen Umweltziele folgen:
(1) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
(2) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
(3) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
(4) Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und der Ökosysteme.
Allgemeiner Hintergrund und Zielsetzung
Sowohl das Pariser Klimaabkommen von 2015 als auch der Europäische Green Deal zielen darauf ab, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden soll. Nachhaltige Investitionen stellen demnach einen entscheidenden Faktor zur Erreichung der ambitionierten Ziele dar. Zentrales Werkzeug wird hierfür die Taxonomie-Verordnung sein, wonach eine Wirtschaftstätigkeit gemäß Artikel 3 der Verordnung vier Bedingungen erfüllen muss, um als ökologisch nachhaltig eingestuft zu werden:
- wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer Umweltziele nach Art. 9;
- keine erhebliche Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele („Do No Significant Harm“ - DNSH);
- Gewährleistung des Mindestschutzes und
- Entsprechung der festgelegten technischen Bewertungskriterien.
Die letztgenannten technischen Bewertungskriterien werden in den sog. Delegierten Verordnungen festgelegt. Hierbei handelt es sich um Rechtsakte, die von der Europäischen Kommission erlassen werden und ohne Gesetzescharakter der Änderung oder Ergänzung von Verordnungen dienen. In der zugrundeliegenden Verordnung – hier die Taxonomie-Verordnung – müssen die Ziele, der Inhalt sowie Geltungsbereich und Dauer jedoch bereits festgelegt sein.
Der primäre Kritikpunkt bei den Delegierten Verordnung zu den ersten beiden Umweltzielen war insbesondere die Auslegungen von Definitionen – hier insbesondere die Einstufung von Gas- und Atomkraft als klimaverträgliche Technologie – aber auch der Mangel an festen Vorgaben und der Frage der praktischen Umsetzung der genannten technischen Kriterien.
Entwurf für eine neue Delegierten Verordnung
Die Artikel 1 bis 4 des nun veröffentlichten Entwurfs der Delegierten Verordnung richten sich an die oben genannten vier bisher noch nicht thematisierten Umweltziele und stellt durch die jeweiligen zugehörigen Anhänge detailliert Definitionen und technische Kriterien auf. Es ist nicht zu verkennen, dass es sich um eine große Masse an möglicher regulatorischen Berichtspflichten handelt. Hierdurch soll jedoch die Auslegung, sowie die Definition von verschiedenen Kriterien transparenter und nachvollziehbarer gestaltet werden.
Mit dem Entwurf führt die Kommission auch eine Konsultation zu den vorgeschlagenen gezielten Änderungen des delegierten Rechtsakts zur Taxonomie für den Bereich Klima durch, der die Umweltziele der Eindämmung des Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel abdeckt, sowie zu dem delegierten Rechtsakt zur Taxonomie für die Offenlegung.
Inkrafttreten
Die Pflicht zur Offenlegung der neuen Kriterien soll stufenweise in Kraft treten. Unternehmen sollen bereits für das Berichtsjahr 2023 über die Taxonomiefähigkeit berichten. Eine Berichterstattung über die Taxonomiekonformität ist für 2024 vorgesehen.
Taxonomie-Navigator aktualisiert
Die EU-Kommission stellt zur Unterstützung bei der Erfüllung der Berichtspflichten zudem einen erst kürzlich aktualisierten Taxonomie-Navigator sowie auch einen Taxonomie-Rechner zur Verfügung.
Ausblick
Die geplante Delegierte Verordnung soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Der Feedback Prozess läuft noch bis zum 3. Mai 2023. Hier sind bereits jetzt geltende Berichtspflichten und zukünftige Prüfungen der Taxonomiekonformität zu beachten. Daher ist betroffenen Unternehmen eine Befassung und eine Teilnahme am Konsultationsprozess zu empfehlen.
Zudem bleibt es abzuwarten, ob die „Startschwierigkeiten“ bei der derzeit gültigen Delegierten Verordnung zu den ersten beiden Umweltzielen bei dem nun geplanten Entwurf von Beginn an behoben werden und die Unternehmen den immer umfangreicheren Berichtspflichten so erfolgreich nachkommen können.