Sachverhalt
Die Klägerin bietet als E-Geld- und Zahlungsinstitut online Zahlungsdienste an. Der Beklagte eröffnete bei der Klägerin ein Konto und lud in der Folgezeit dieses mittels Online-Überweisungen auf. Nach Gutschrift des jeweiligen Aufladungsbetrages erteilte der Beklagte der Klägerin im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an Online-Glücksspielen Zahlungsaufträge von seinem dortigen Konto.
Mit der Klage begehrte die Klägerin insbesondere die Erstattung von stornierten Aufladungsbeträgen, welche die Klägerin dem Beklagten bereits zur Verfügung gestellt hatte, ohne dass die Geldbeträge vom Hausbankkonto des Kunden auf das Konto der Klägerin überwiesen waren. Der Beklagte meinte, die Klägerin könne keine Erstattung verlangen, weil die von ihm an die Klägerin erteilten Zahlungsaufträge im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an unerlaubtem Online-Glücksspiel stünden.
Das Landgericht als Berufungsgericht ist der Argumentation des Beklagte noch gefolgt. Der BGH ist dem jedoch entgegengetreten und hat der Argumentation des Beklagten eine Absage teilt.
Kein Durchschlagen der Nichtigkeit des Online-Glücksspielvertrages auf das Deckungsverhältnis aufgrund von Akzeptanz- bzw. Kooperationsverträgen
Der BGH hat der Klägerin den in der Hauptsache geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch aus den §§ 675c Abs. 1, 670 BGB in voller Höhe zugesprochen. Bei den zugrundeliegenden Zahlungsaufträgen handelte es sich im Anschluss an BGH, Hinweisbeschluss vom 13. September 2022 (Az. XI ZR 515/21), um autorisierte Zahlungsvorgänge – dies trotz eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011, der nach Einschätzung des BGH kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge im Sinne des § 134 BGB ist.
Dem Versuch des Berufungsgerichts, ein Durchschlagen der Nichtigkeit des Online-Glücksspielvertrages auf das Deckungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem aus dem Bestehen von sog. Akzeptanz- bzw. Kooperationsverträgen zwischen der Klägerin und dem Glücksspielanbieter und dem Internetauftritt der Klägerin zu konstruieren, hat der BGH eine Absage erteilt. Nach Ansicht des BGH handelt es sich bei diesen Verträgen um sog. Akquisitionsverträge i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 ZAG, die als Rahmenverträge lediglich das Zuwendungsverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsempfänger regeln. Hieraus lässt sich dem BGH zufolge nicht ohne Weiteres eine exponierte Stellung der Klägerin bei der Förderung von Online-Glücksspiel herleiten, die ein Durchschlagen der Nichtigkeit auf die Autorisierung der Zahlungen rechtfertigen könnte.
Keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum Aufwendungsersatzanspruch bei Führung eines von der Rechtsordnung missbilligten Geschäfts
Mangels Nichtigkeit der Autorisierung der Zahlungen ließ es der BGH ebenso wenig gelten, dass das Berufungsgericht die Rechtsprechung zum Bestehen eines Aufwendungsersatzanspruches aus § 683 S. 1, §§ 670, 677 BGB bei der Führung eines missbilligten Geschäftes auf den vorliegenden Rechtsstreit angewendet hat. Denn diese Rechtsprechung betrifft lediglich die Frage, ob Aufwendungen, die aufgrund eines nach § 134 BGB nichtigen Rechtsgeschäfts gemacht wurden, von dem Geschäftsführer den Umständen nach für erforderlich gehalten werden dürfen. Die vom Beklagten an die Klägerin erteilten Zahlungsaufträge hielt der BGH indes für wirksam.
Fortgeltung der Rechtsprechung zum Aufwendungsersatzanspruch eines Kreditkartenunternehmers aus §§ 675 Abs. 1, 670 BGB weiterhin offen
Ob an der Rechtsprechung des BGH festzuhalten ist, wonach die Zahlung eines Kreditkartenunternehmens an das jeweilige Vertragsunternehmen ausnahmsweise dann keine erstattungsfähige Aufwendung im Sinne der §§ 675 Abs. 1, 670 BGB ist, wenn offensichtlich ist, dass es vom Vertragsunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen wird, ließ der BGH offen. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundsatz, dass das Vertragsunternehmen einen abstrakten Zahlungsanspruch gegen das Kreditkartenunternehmen erlangt, dem Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen Kreditkarteninhaber und Vertragsunternehmen grundsätzlich nicht entgegengehalten werden können. Ob dies auch bei „Verfügungen“ über E-Geld so ist, konnte offenbleiben, weil das Berufungsgericht im Streitfall dazu keine tragfähigen Feststellungen getroffen hatte.
Keine Gegenansprüche des beklagten Zahlungsdienstnutzers auf Schadenersatz
Die Voraussetzungen der von dem beklagten Zahlungsdienstnutzer im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Schadenersatzansprüche hat der BGH als nicht gegeben angesehen. Nach Auffassung des zuständigen Senates sind weder die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB noch aus Delikts- oder Bereicherungsrecht gegeben.
Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB scheiterte daran, dass sich aus dem an die Klägerin gerichteten Verbot des § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 keine Warnpflicht ableiten lässt, welche die Grundlage für einen Nebenpflichtverletzung bilden könnte. Dem stand im Streitfall schon entgegen, dass der klagende Zahlungsdienstleister betreffend das Online-Glücksspiel des beklagten Kunden nicht über eine überlegene Sachkunde gegenüber dem Kunden verfügte, die indes nach der Rechtsprechung des BGH kennzeichnend ist für die Annahme einer ausnahmsweise bestehenden Warnpflicht. Denn ein Glücksspieler weiß, dass ihm durch die Teilnahme am Glücksspiel ein Schaden droht. Die Frage, ob das Glücksspiel illegal ist, spielt insofern gerade keine Rolle, weil ein drohender Schaden allein aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko resultiert, dass Gewinne oder Verlust ungewiss und rein zufällig sind.
Gegenansprüche des Beklagten auf Schadenersatz aus Delikts- oder Bereicherungsrecht hat der BGH ohne Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen aufgrund der mit den §§ 675u, 675z S. 1 BGB bestehenden abschließenden Regelung abgelehnt.