Pflicht zur Zahlung negativer Zinsen bei einem Payer-Swap | GÖRG Banking & Finance Blog

Pflicht zur Zahlung negativer Zinsen bei einem Payer-Swap

Ausgangslage

Führt in einem Zinsswap die Zinsformel für den variablen Zinssatz zu einem negativen Ergebnis, scheint die Problemstellung ähnlich der bei variabel verzinsten Darlehen zu sein. Rechtlich unterscheiden sich beide Vertragstypen aber wesentlich. Für den Zinsswap als Vertrag sui generis gibt es kein gesetzliches Leitbild. Gegenstand eines Zinsswaps ist auch nicht eine Kapitalgewährung, sondern der Austausch zukünftiger Zahlungsströme. Die Auslegung von Darlehensverträgen wird sich also auf Zinsswaps nicht ohne Weiteres übertragen lassen.

Bei Zinsswaps entspricht es der Marktusance, die Zahlung von Negativzinsen zu akzeptieren, wenn nicht ausdrücklich ein Floor vereinbart wurde. Zinsswap, Zins-Cap und Zins-Floor sind marktübliche Zinsderivate, die in standardisierter Form gehandelt werden. Da sie miteinander kombiniert werden können, kann ein Zins-Floor auch in einem Zinsswap vereinbart werden. In einem Payer-Swap sichert er dem Kunden eine Mindestzahlung. Die dafür fällige Optionsprämie wird in die übrigen Zahlungskonditionen des Swaps einkalkuliert.

Die International Swap and Derivatives Association (ISDA) veröffentlichte bereits am 8. August 2009 das „Supplement 16“, das in Section 6.4 eine „Negative Interest Rate Method“ definiert. Danach sind bei Abschlüssen von Zinsswaps unter der ISDA Dokumentation grundsätzlich auch Zahlungen negativer Zinsen möglich. Für Zinsderivate, die unter Geltung des Deutschen Rahmenvertrags für Wertpapiergeschäfte abgeschlossen wurden, gibt es keine entsprechende Klarstellung. Allerdings liegt der Schluss nahe, dass nach der grundsätzlichen Mechanik des Rahmenvertrages auch eine Umkehr der Zahlungspflicht möglich sein soll. Dies wird auch durch die weiteren Formulierungen in dem Rahmenvertrag gestützt (bspw. in Nr. 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages: „der … jeweils zu zahlende variable Betrag“).

OLG Frankfurt/Main verneint Pflicht zur negativer Zinsen

Das OLG Frankfurt/Main hat aktuell entscheiden, dass bei einem Fixed-to-Floating Zinsswap eine negative variable Zahlungsschuld, die den zu zahlenden Festbetrag erhöhe, ausgeschlossen sei (Urteil vom 12. Mai 2021, Az. 16 U 82/20, n.v.). Dagegen spreche der Wortlaut des Einzelabschlusses, in dem der Empfänger der variablen Zahlung als „Zahler(in) der Festbeträge“ bezeichnet werde. Dies schließe eine Verpflichtung zur Zahlung eines (zusätzlichen) variablen Zinsbetrages aus. Das OLG Frankfurt/Main stellt sich damit unter anderem gegen eine Entscheidung des Landgerichts Hannover, das bei einem Zinsswap, in dem kein Floor vereinbart war, die Pflicht zur Zahlung eines negativen Zinssatzes bejahte (Urteil vom 17. Juli 2019, 11 O 363/18, n.v.).

Praktische Konsequenzen

Die Auffassung des OLG Frankfurt/Main verschiebt das von den Parteien begründete Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Die wechselseitigen Zahlungspflichten wären bei Vertragsabschluss nicht mehr gleichwertig, denn dem Zahler des Festbetrages würde der Vorteil des Floors gewährt, ohne dass dieser – wie bei ausdrücklicher Vereinbarung üblich – in die Vertragskonditionen eingepreist wurde.

Die Annahme eines inzidenten Floors brächte auch beträchtliche Probleme beim Clearing nach der EMIR-Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vom 4. Juli 2012 mit sich. Danach besteht für eine finanzielle Gegenpartei eine Clearingpflicht unter Einschaltung einer zentralen Gegenpartei unter anderem für Basisswaps und Fixed-to-Floating Zinsswaps. Das gilt aber nur, wenn die Zinsswaps keine Option, also auch keinen Floor enthalten. Ein inzidenter Floor würde die Clearingpflicht ins Leere laufen lassen.

Aussagen des BGH zum Floor

Mit einem Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen – aus einem Darlehen oder Zinsswap – hat sich der BGH bisher soweit ersichtlich noch nicht direkt befasst. Seinen bisherigen Swap-Entscheidungen lassen sich aber durchaus Aussagen zu einem Floor in einem Zinsswap entnehmen. Wird ein Floor ausdrücklich vereinbart, geht der BGH davon aus, dass er eine Kappung der variablen Zinszahlung bei 0 % bewirke, so dass einem solchen Vertrag eine Unausgewogenheit anhafte. Bei einem Cross-Currency-Swap ohne Floor verneinte der BGH diese Unausgewogenheit ausdrücklich. Der BGH ging also davon aus, dass ohne Vereinbarung eines Floors eine negative variable Zinszahlung möglich ist, die die Festzinszahlung der anderen Partei erhöhen kann.

Insbesondere mit dieser Rechtsprechung des BGH werden sich die Instanzgerichte bei der Auslegung von Zinsswaps noch qualifiziert zu befassen haben. Die Auslegung des OLG Frankfurt/Main erscheint im Lichte dieser Aussagen des BGH nicht überzeugend; man mag dem OLG Frankfurt/Main aber zu Gute halten, dass der Parteivortrag in dem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit in dem hier relevanten Streitpunt offenbar hinter dem zurück geblieben ist, was man prima facie erwartet hätte.

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