Der BGH billigt eine AGB-Klausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag, mit der eine Pauschale von EUR 50 für den Aufwand der Bank oder Sparkasse zur Ermittlung einer Nichtabnahmeentschädigung vereinbart wird (Urteil vom 8. Juni 2021, XI ZR 356/20).
Schadenersatzanspruch des Darlehensgebers umfasst auch Kosten der Schadenermittlung
Der BGH hat entschieden, dass in einem Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel, mit der ein pauschaler "Bearbeitungspreis" von EUR 50 für die Berechnung einer vom Darlehensnehmer zu zahlenden Nichtabnahmeentschädigung mit dem Vorbehalt, dass der Kunde einen geringeren Schaden nachweisen kann, wirksam ist.
Verletze der Darlehensnehmer seine Pflicht zur Abnahme des Darlehens, stehe dem Darlehensgeber ein Schadenersatzanspruch in Form der Nichtabnahmeentschädigung zu (§§ 280 Abs. 1, 281 BGB). Der Schaden umfasse auch die Kosten der Ermittlung Nichtabnahmeentschädigung. Die Bestimmung im Preis- und Leistungsverzeichnis regele eine Pauschalierung dieses Schadenspostens. Die Pauschale sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, da sie nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteige (§ 309 Nr. 5 Buchst. a BGB). Schließlich gestatte die Klausel dem Kunden den Nachweis, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder geringer als die Pauschale sei (§ 309 Nr. 5 Buchst. a BGB).
Die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit laufzeitunabhängiger Entgelte, mit denen ein Darlehensgeber seinen allgemeinen Verwaltungsaufwand auf den Darlehensnehmer abwälzt, ist auf diese Klausel nicht anwendbar.
Wortlaut der nach dem BGH wirksamen Bestimmung im Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank oder Sparkasse:
„Bearbeitungspreis für die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung, es sei denn, der Kunde weist nach, dass kein oder ein geringerer Schaden/Aufwand entstanden ist: 50,00 EUR“
Hinweise zur Klauselgestaltung
Da der Aufwand zur Ermittlung der Nichtabnahmeentschädigung nicht von der Darlehenshöhe abhängt, darf der Betrag nicht in einem Prozentsatz vom Darlehen ausgedrückt werden, sondern muss mit einem bestimmten Betrag festgelegt werden (so bereits: BGH, Urteil vom 7. November 2000, XI ZR 27/00).
Geltung auch für Vorfälligkeitsentschädigung?
Das Urteil vom 8. Juni 2021 befasst sich mit einer Aufwandspauschale für die Ermittlung einer Nichtabnahmeentschädigung. Anders könnte es bei einer Pauschale für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung sein. Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass die zu beurteilende Klausel nicht Fälle einer außerordentlichen Kündigung durch den Darlehensgeber (§ 490 BGB) oder einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens bei Vorliegen eines berechtigten Interesses (§ 500 Abs. 2 BGB) erfasse.
Rechtsgrund der Vorfälligkeitsentschädigung kann ebenfalls ein Schadenersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 281 BGB sein, wenn der wichtige Grund zur Kündigung des Darlehens durch den Darlehensgeber zugleich eine vom Darlehensnehmer zu vertretenden Vertragspflichtverletzung darstellt. Auf diesen Fall dürfte das Urteil des BGH vom 8. Juni 2021 übertragbar sein, so dass der Darlehensgeber für die Erstattung seines Aufwands eine Pauschale vereinbaren darf.
Ist aber der Darlehensnehmer ein Verbraucher, schuldet er eine Vorfälligkeitsentschädigung auch dann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Erfüllung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages mit gebundenen Sollzinssatz hat (§§ 500 Abs. 2 Satz 2, 502 BGB). Anspruchsgrundlage ist § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB [„Der Darlehensgeber kann (…) eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung (…) verlangen.“], wobei umstritten ist, ob es sich um einen Schadenersatzanspruch handelt. Dagegen spricht, dass der Darlehensnehmer keine Vertragspflicht verletzt, denn er nimmt ein Recht zur vorzeitigen Erfüllung wahr.
Nicht geklärt ist somit, ob der Darlehensgeber auch bei einem berechtigten Interesse des Darlehensnehmers an einer vorzeitigen Erfüllung einen Anspruch auf Erstattung seines Aufwands zur Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung hat. Verneint man das, wäre es dem Darlehensgeber wohl verwehrt, seinen Aufwand zur Anspruchsermittlung auf den Darlehensnehmer mit einer Pauschale abzuwälzen, denn die Ermittlung der Anspruchshöhe würde dann im alleinigen Interesse des Darlehensgebers liegen.