Die ESAs (Europäischen Aufsichtsbehörden) haben kürzlich die Antworten der EU-Kommission auf die Fragen zur Auslegung der Offenlegungs-Verordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation - (SFDR) ((EU) 2019/2088) veröffentlicht, die im September 2022 gestellt wurden. Es wurden acht Fragen beantwortet, sowie Ergänzungen zu vorherigen Q&As vorgenommen.
Allgemeiner Hintergrund und Zielsetzung
Bei der SFDR handelt es sich um eine EU-Verordnung, die bereits am 10. März 2021 in Kraft getreten ist. Die Regelungen sollen es u.a. Anlegern am Kapitalmarkt erleichtern zwischen verschiedenen nachhaltigen Anlagestrategien zu wählen, indem die Verordnung sog. „Label“ für grüne Finanzprodukte definiert und auf diese Weise die Anbieter zu mehr Transparenz verpflichtet. Insbesondere Fondsgesellschaften sollen offenlegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihrem Anlageprozess berücksichtigen, welcher Maßstab zur Bemessung von ESG-Faktoren verwendet wird und wie sie zu sog. „Pricipal Adverse Impacts“ (PAI) stehen. Durch die geschaffene Transparenz soll Kapital zukünftig verstärkt in nachhaltiges Wachstum gelenkt werden.
Diesen Zielen folgend, ist der Anwendungsbereich der SFDR entsprechend weit gefasst worden. Die Verordnung gilt für alle Teilnehmer der Finanzmärkte und Finanzberater in der EU sowie für Vermögensverwalter oder Berater außerhalb der EU, die ihre Produkte gem. Art. 42 der Richtlinie zu Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIFMD) an Kunden in der EU vermarkten oder vermarkten wollen. Hinsichtlich der Produkte gilt die SFDR für OGAWs („Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“), AIFs („Alternative Investmentfonds“), separat verwaltete Portfolios und Sub-Advisory-Mandate sowie für Finanzberatung, die innerhalb der EU oder von einer Investmentgesellschaft in der EU geleistet wird.
Die SFDR unterscheidet drei Produktkategorien:
- Produkte nach Artikel 8 investieren einen Anteil in „nachhaltige Anlagen“. Die Anlagen sollen dazu beitragen, die beworbenen ökologischen oder sozialen Eigenschaften zu fördern. Sofern ein umweltbezogenes Merkmal beworben wird, muss die Übereinstimmung nach Maßgabe der Taxonomie-Verordnung offengelegt werden.
- Produkte nach Artikel 9 investieren ausschließlich in „nachhaltige Anlagen“. Die Übereinstimmung mit der Taxonomie-Verordnung muss offengelegt werden.
- Produkte nach Artikel 6 sind alle weiteren Produkte, die nicht von den Produkten nach Artikel 8 oder Artikel 9 umfasst sind.
Q&As zur Auslegung der SFDR
In der ersten Q&A (FISMA/2926) wurde bestätigt, dass nach Artikel 2 Abs. 17 SFDR kein konkreter Ansatz zur Messung der nachhaltigen Investitionen gefordert ist. Das Abstellen auf die wirtschaftliche Tätigkeit, vor allem bei konkreten Projekten, ist hierbei angemessen. Allerdings soll der Ansatz hinsichtlich der Bestimmung offengelegt werden.
Die zweite Q&A (FISMA/2927) enthält die Zustimmung, dass die SFDR keine Mindestanforderungen an die Kriterien der nachhaltigen Investitionen stellt. Die EU-Kommission sieht die Verantwortung hierfür bei den Finanzmarktteilnehmern. Es wird allerdings festgestellt, dass Übergangspläne der Unternehmen nicht ausreichen.
Die folgenden Q&A's (FISMA/2928) beantworten unter anderem, dass auch aktiv verwaltete Produkte unter den Artikel 9 Abs. 3 fallen. Diese unterliegen erhöhten Transparenzanforderungen, insbesondere zu der Frage, wie sie das Ziel der Dekarbonisierung im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen erreichen wollen. Klargestellt wird desweiteren, dass es sich bei Artikel 9 Abs. 3 um eine reine Transparenzvorschrift handelt und somit nicht festgelegte Indizien vorschreibt sowie, dass auch Finanzprodukte, die unter Artikel 8 einzuordnen sind, die Reduktion von Treibhausgasemissionen als Merkmal fördern können, ohne dies als Nachhaltigkeitsziel anzustreben.
Die sechste Q&A (FISMA/2931) behandelt die Berücksichtigung von PAIs nach Artikel 7 Abs. 1 SFDR auf der Ebene des Produktes. Aus Sicht der EU-Kommission verpflichtet dieser Artikel zur Offenlegung der nachteiligen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit, wie auch hinsichtlich der Maßnahmen zur Reduktion dieser nachteiligen Auswirkungen. Ob hierfür Mindestanforderungen gelten, wird unbeantwortet gelassen.
Die siebte Q&A (FISMA/2932) befasst sich mit Artikel 4 Abs. 3 und 4 SFDR: Es wird festgestellt, dass der Begriff „Arbeitnehmer“ nach dem nationalem Recht zu bestimmen ist und eine etwaige Anwendbarkeit des Artikel 23 SFDR keine Auswirkungen auf die Offenlegungspflichten hat.
Zuletzt (FISMA/2933) geht es um dem periodischen Bericht im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung nach Artikel 11 SFDR, der einmal jährlich zu erfolge hat.
Ausblick
Bereits mit der ersten Entwurfs-Veröffentlichung und über das Inkrafttreten der SFDR hinaus war ein fortdauernder Handlungs- und Konkretisierungsbedarf absehbar. Die SFDR enthält eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen, welche durch neue Leitlinien und Erläuterungen konkretisiert werden müssen, um ein besseres Verständnis der Auflagen in der Branche und bei den Anlegern zu schaffen. Dieses Ziel verfolgt auch die kürzlich veröffentlichten Q&A's. Interessant ist hierbei insbesondere, dass die EU-Kommission auch Änderungen an ihren alten Q&As vornimmt.