Bundestag beschließt Gesetz zur Anpassung des Finanzdienstleistungsrechts an EuGH-Rechtsprechung | GÖRG Banking & Finance Blog

Bundestag beschließt Gesetz zur Anpassung des Finanzdienstleistungsrechts an EuGH-Rechtsprechung

Der Bundestag hat am 6. Mai 2021 das Gesetz zur Änderung des Verbraucherdarlehensrechts zur Umsetzung der Urteile des EuGH vom 11. September 2019 und 26. März 2020 beschlossen (Bundesrats-Drucksache 363/21).

Nach den Beratungen im Rechtsausschuss (Bundestags-Drucksache 19/29391) hat das Gesetz gegenüber dem Regierungsentwurf (Bundestags-Drucksache 19/26928) einige Änderungen erfahren. Nur redaktioneller Natur ist zunächst die Änderung des Gesetzestitels. Von Bedeutung sind aber die inhaltlichen Ergänzungen, die nicht nur Allgemein-Verbraucherdarlehen betreffen.

Kostenermäßigung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung

Das Anpassungsgesetz ändert § 501 BGB dahin, dass bei vorzeitiger Beendigung eines Verbraucherdarlehens nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten anteilig zu erstatten sind, sondern sämtliche Kosten. Der Bundestag passt damit das deutsche Recht dem Urteil des EuGH vom 11. September 2019 (Rechtssache C-383/18 „Lexitor“) an.

Die praktischen Auswirkungen sind gering. Als laufzeitunabhängige Kosten kommen in Betracht Antrags-, Auskunfts- und Bearbeitungsgebühren. In Formularverträgen sind diesbezügliche Vergütungsklauseln in der Regel ohnehin unwirksam und seit den einschlägigen Urteilen des BGH vom 13. Mai 2014 in Verbraucherdarlehensverträgen nicht mehr zu finden. In Betracht kommen auch Vermittlungskosten, wenn sie dem Darlehensnehmer weiterbelastet werden. Solche Vertragsgestaltung sind in Verbraucherdarlehensverträgen ebenfalls praktisch nicht anzutreffen. Zahlt die Bank eine Vermittlungsprovision, die sie aus ihren Zinserträgen deckt, handelt es sich um keine Kosten des Darlehensnehmers, sondern um Kosten der Bank. Weitere praxisrelevante Positionen sind das Disagio und die Kosten einer Restschuldversicherung. Für sie galt schon bisher, dass es sich um laufzeitabhängige Kosten handelt, die bei vorzeitiger Vertragsbeendigung anteilig zu erstatten sind.

Neue Muster-Widerrufsinformation für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge

Von erheblicher Bedeutung ist die Einführung eines neuen Musters für eine Widerrufsinformation für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB).

Erforderlich geworden ist die Anpassung, nachdem der EuGH in seinem Urteil vom 26. März 2020 (Rechtssache C-66/19 - Kreissparkasse Saarlouis) entschieden hatte, dass das bisherige gesetzliche Muster der Widerrufsinformation nicht den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie entsprach. Das Muster enthielt den Hinweis, dass die Widerrufsfrist beginne, nachdem der Darlehensnehmer „alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB“ erhalten habe, was mit einer beispielhaften Aufzählung solcher Angaben erläutert wurde. Nach dem EuGH genügte der Hinweis auf einen Gesetzesparagraphen nicht, wenn der Verbraucher nicht informiert werde, welche Pflichtangaben erforderlich seien. Der BGH zog die Konsequenz und entschied unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, dass die Widerrufsinformation mit dem sogenannten „Kaskadenverweis“ nicht klar und verständlich sei. Nun hat der Gesetzgeber nachgezogen und eine neue Widerrufsinformation formuliert, in der die Pflichtangaben vollständig aufgelistet werden.

Die Anregung des Bundesrats, die neue Widerrufsinformation mit einer angemessenen Übergangsfrist einzuführen, hat der Bundestag nicht aufgegriffen. Er nimmt damit in Kauf, dass kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes Verbraucherdarlehen zum Abschluss kommen werden, zu denen der Verbraucher noch eine Widerrufsinformation nach altem Recht erhalten hat, die nach der Gesetzänderung fehlerhaft sein wird. Das Fehlen einer Übergangsfrist führt auch dazu, dass die technische Umsetzung im Betriebsablauf eine Herausforderung sein wird, da sie mit nur kurzer Vorwarnfrist von einem Tag auf den anderen erfolgen muss.

In der Praxis bleibt hier als Lösung nur eine Nachbelehrung. Den betroffenen Verbrauchern muss nach Vertragsabschluss eine geänderte Widerrufsinformation nach neuem Recht übermittelt werden. Die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat.

Vorvertragliche Informationspflichten von Kontoinformationsdienstleistern

Aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 5. Mai 2021 (Bundestags-Drucksache 19/29391) wurden in das Gesetz weitere Änderungen aufgenommen. § 675d Abs. 2 Satz 2 BGB (Unterrichtung bei Zahlungsdiensten) regelt nunmehr die vorvertraglichen Informationspflichten von Kontoinformationsdienstleistern. In Art. 246b EGBGB (Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen) erfolgten lediglich klarstellende redaktionelle Änderungen.

Neue Muster für Widerrufsbelehrungen bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen

Ebenfalls aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wird das bisherige Muster für die Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ersetzt (Anlage 3 zu Art. 246b § 2 Abs. 3 EGBGB):

Die neuen Anlagen 3, 3a und 3b gelten für im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene

  • Verträge über Finanzdienstleistungen (außer Zahlungsdiensten) und Immobiliarförderdarlehen (Anlage 3),
  • Zahlungsdiensterahmenverträge (Anlage 3a) und
  • Zahlungsdiensteeinzelverträge (Anlagen 3b).

Das Anpassungsgesetz bringt damit Änderungen auch für grundschuldbesicherte Darlehen mit sich: Bei Förderdarlehen, die im Fernabsatz geschlossen wurde, hat der Verbraucher kein Widerrufsrecht aus § 495 BGB, sondern aus § 312g BGB. Entsprechend war bei diesen Darlehen das Muster nach Anlage 3 zu Art. 246b § 2 Abs. 3 EGBGB zu verwenden. Dessen Änderung muss mit Inkrafttreten des Gesetzes ebenfalls umgesetzt werden.

Änderung des ESIS-Merkblatts

Schließlich wurde das Europäische Standardisierte Merkblatt geändert (Anlage 6 zu Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB). Dort wird im Teil B Abschnitt „11. Sonstige Rechte des Kreditnehmers“ der Absatz 3 neu formuliert.

Die geänderte Fassung ist auch bei Verbraucherdarlehen zu verwenden, die sonst von den Änderungen durch das Anpassungsgesetz nicht betroffen sind, insbesondere also bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen.

Entscheidung des Bundesrats

Das Gesetz kann nunmehr in Kraft treten, wenn der Bundesrat von einem Einspruch absieht. Dort steht das Gesetzes für die Sitzung am 28. Mai 2021 auf der Tagesordnung.

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