Im Rahmen der Klage eines Zahlungsdienstnutzers gegen seine Bank wegen Erstattung von Beträgen aus Kreditkartenverfügungen im Zusammenhang mit Online-Glücksspielen des Kunden hatte sich der BGH mit den zivilrechtlichen Folgen unerlaubten Glücksspiels zu beschäftigen.
Der BGH entschied im Wege eines Hinweisbeschlusses am 13. September 2022 (Az. XI ZR 515/21), dass der Kunde gegen die beklagte Bank keinen Anspruch gemäß § 675u S. 2 BGB auf Erstattung der für unerlaubtes Glücksspiel autorisierten Zahlungsbeträge sowie der hierfür erhobenen Entgelte habe, da die von ihm bewirkte Autorisierung nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. § 4 Abs. 1 S: 2 Fall 2 GlüStV 2011 nichtig sei. Zudem verneinte der BGH die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision. Der Kläger hat daraufhin seine Revision zurückgenommen.
Sachverhalt
Zwischen dem Kläger und der beklagten Bank bestand ein Kreditkartenvertrag. Der Kläger verwendete die im Rahmen des Vertrages ausgegeben Kreditkarte auf „Casino-Internetseiten“, deren Server-Standorte im Ausland lagen, zur Zahlung an ausländische Glücksspielanbieter für in Deutschland illegale Online-Glücksspiele. Für die Kreditkartenzahlungen berechnete die Beklagte aufgrund ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses Entgelte.
Mit der Klage begehrte der Kläger die Rückzahlung der Entgelte sowie der anderen Zahlungsbeträge. Nach seiner Ansicht seien die von ihm vorgenommenen Autorisierungen der Kreditkarte, mit denen er sich an illegalen Online-Glücksspielen beteiligt habe, nichtig gewesen und der Beklagten hätten daher in Ermangelung einer wirksamen Autorisierung keine Aufwendungsersatzansprüche zugestanden.
Nachdem er in den Vorinstanzen erfolglos war, verfolgte er dieses Begehren im Wege der vom Berufungsgericht (LG Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2021, Az. 10 S 5/19) zugelassenen Revision weiter.
Autorisierungen von Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel nicht gemäß § 134 BGB nichtig
Der BGH stimmte dem Berufungsgericht zu, dass der Kläger keinen Anspruch gemäß § 675u S. 2 BGB auf Erstattung der Zahlungsbeträge habe, da die Autorisierung nicht gemäß § 134 BGB nichtig sei.
In der Begründung zeichnete der BGH zunächst die ständige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB nach. Fehle es wie bei § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 an einer ausdrücklichen Rechtsfolgenregelung, richte sich die Frage, ob der Verstoß zur Nichtigkeit führe, nach dem Zweck des Verbotsgesetzes. Ausnahmsweise sei ein Rechtsgeschäft nach einem einseitigen Verstoß nichtig, wenn anders der Zweck des Verbotsgesetzes nicht zu erreichen sei.
Nach Einschätzung des BGH enthält § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 ein einseitig an den Zahlungsdienstleister gerichtetes Verbot, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glückspiel mitzuwirken. Der Zahlungsdienstnutzer sei kein Normadressat, da er durch die Autorisierung zwar die Zahlung bewirke, hieran jedoch nicht mitwirke.
Der Zweck des § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 – die Verfolgung der in § 1 niedergelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages 2011 – gebiete nach einem einseitigen Verstoß nicht die Nichtigkeit der Autorisierung. Die Vorschrift werde durch § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlüStV 2011 ergänzt, wonach Zahlungsdienstleister als verantwortliche Störer in Anspruch genommen werden könnten. Der enge Zusammenhang der beiden Normen werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Das lasse darauf schließen, dass durch § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eingegriffen werden solle.
Die Interessen des Spielers geböten es nicht, ihn durch die Nichtigkeit der von ihm bewirkten Autorisierung vor den wirtschaftlichen Folgen des Glücksspiels zu schützen. Drohende Vermögensschäden resultierten nicht aus dem Verbot des unerlaubten Glücksspiels, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig seien. Der Zahlungsdienstleister sei zudem vertraglich verpflichtet, die Zahlungsvorgänge auszuführen, §§ 675f Abs. 1, 2, 675o Abs. 2 BGB, weshalb er für den Willensentschluss des Kunden, an solchen Glücksspielen teilzunehmen, nicht zivilrechtlich haftbar gemacht werden könne.
Keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Bank durch die Glücksspielanbieter als Vertragsunternehmen
Es kann nach Auffassung des BGH dahinstehen, ob der Erstattungsanspruch nach § 675u S. 2 BGB zu Gunsten des Zahlers auch bestehe, wenn der Zahlungsdienstleister die Zahlungen an die Vertragsunternehmen nicht für erforderlich halten durfte, da dies jedenfalls im Streitfall auf die Beklagte nicht zutreffe.
Die Voraussetzungen, unter denen der erkennende Senat in der Vergangenheit entschieden habe, dass ein Kreditkartenunternehmen Aufwendungen an Vertragsunternehmen nicht für erforderlich halten dürfe, lägen im Streitfall nicht vor. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch nehme. Das sei nicht der Fall. Hierzu hätte der Kläger die Beklagte durch entsprechende Informationen in die Lage versetzen müssen, die Nichtigkeit des Valutaverhältnisses gemäß § 134 BGB i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 2 Fall 2 GlüStV 2011 gegenüber dem Vertragsunternehmen substantiiert behaupten und beweisen zu können, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem Beklagte noch Ausgleich der autorisierten Zahlungsvorgänge gegenüber dem Vertragsunternehmen hätte verweigern können. Das war im Streitfall aber nicht geschehen.
Diese Informationen durch den Kläger seien auch nicht entbehrlich gewesen, weil der Rechtmissbrauch für die Beklagte nicht offensichtlich gewesen sei. Es gelten hier jedenfalls keine geringeren Anforderungen als an das Bestehen einer Warnpflicht. Insoweit sei in der Rechtsprechung des Senates anerkannt, dass sich eine Bank im bargeldlosen Zahlungsverkehr grundsätzlich nicht um Belange ihres Kunden kümmern müsse. Es gelte nur ausnahmsweise etwas anderes, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles geböten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren. Weder müsse die Bank prüfen, ob die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs Risiken für einen Beteiligte begründen, noch bestehe eine Überwachungspflicht hinsichtlich der Kontobewegungen. Hier scheide eine Warnpflicht bereits deshalb aus, da der Kläger sich selbst an unerlaubtem Glücksspiel beteiligt habe und es mithin an einer überlegenen Sachkunde der Beklagten fehle, die aber für eine Warnpflicht kennzeichnend sei.
Bestätigung der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung
Der BGH hat durch seinen Hinweisbeschluss die bisherige Rechtsprechung der Berufungsgerichte zur Wirksamkeit von Zahlungsautorisierungen für unerlaubtes Online-Glücksspiel bestätigt, indem er den Anspruch des Zahlungsdienstnutzers auf Erstattung verneinte. Das ist sachgerecht und zu begrüßen, da diese Wertung die wirtschaftlichen Folgen und das Risiko des Online-Glücksspiels dem Spieler zuweist, nicht jedoch dem – allein auf Anweisung des Kunden tätig werdenden – Zahlungsdienstleister des Kunden. Damit ist in dieser Rechtsfrage endlich für Rechtsicherheit gesorgt.