Am 28. Februar 2023 haben sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament auf eine vorläufige Fassung einer European Green Bonds-Verordnung (Procedure 2021/0191/COD) (im Folgenden: EuGB-VO) geeinigt. Mit der EuGB-VO führt die Europäische Union einen eigenen Standard für grüne Anleihen ein.
„European Green Bonds“ sind verzinsliche Finanzinstrumente, deren Emissionserlöse ausschließlich zur Refinanzierung derjenigen wirtschaftlichen Aktivitäten dienen, die Klimaschäden verringern und auf Dauer verhindern sowie zur Entwicklung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen sollen. Die Festlegung einer Definition für „Nachhaltigkeit“ und die Klassifizierung von Anleihen sollen für den Anleger beim Erwerb nachhaltiger Anleihen mehr Transparenz schaffen, wodurch langfristig vermehrt Investitionen in den grünen Wirtschaftssektor gelenkt werden sollen.
Entstehungskontext der Verordnung
Die Verabschiedung des Entwurfs der EuGB-VO reiht sich in eine breite Offensive zur Nachhaltigkeit im Finanzsystem ein. Seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 sollte ein Rechtsrahmen in der komplexen Welt der Finanzdienstleistungen sukzessive für Einheitlichkeit und Verbindlichkeit bei der Zielerreichung sorgen. Aktuell existieren noch mehrere Standards für Green Bonds, bestehend aus den von der International Capital Markets Association formulierten Green Bond Prinzipien und dem von der Climate Bond Initiative formulierten Climate Bond Standard. Am 6. Juli 2021 hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Verordnung zum einheitlichen Standard für „European Green Bonds“ (COM (2021) 391) vorgelegt. Der Vorschlag der EuGB-VO baut damit auf die bereits bestehende Offenlegungsverordnung ((EU) 2019/2088) sowie die Taxonomieverordnung ((EU) 2020/852) auf und ist unmittelbar an das europäische Klassifizierungssystem für nachhaltige wirtschaftliche Aktivität geknüpft. Die derzeitige Einigung ist noch vorläufig und bedarf noch der Bestätigung und Annahme des Rats und des Europäischen Parlaments. Die Verordnung wird erst 12 Monaten nach ihrem Inkrafttreten zur Anwendung gelangen.
Regelungsumfang der EuGB-Verordnung
Die vorläufige Einigung der Verordnung sieht vor, dass die Bezeichnung einer Anleihe als „European Green Bond“ – anders als bei oben genannten Green Bond Prinzipien - zwingend die Einhaltung der festgeschriebenen Kriterien erfordert.
Eine Anleihe muss nach den neuen Standards
- in Einklang mit der EU-Taxonomie stehen;
- ihr Erlös muss einem der in der EU-Taxonomie verbrieften Umweltziele dienen und
- darf keinem der dort genannten Umweltziele schaden.
Ferner ist der Emittent
- zur Veröffentlichung eines „Factsheets“ angehalten, mit dem er sich zur Einhaltung der Standards bekennt und seine wirtschaftliche Ausrichtung erläutert und
- im Rahmen einer öffentlichen Berichterstattung jährlich zur Offenlegung jeglicher Umweltauswirkungen verpflichtet.
Die Einhaltung der Kriterien wird mit einer externen Aufsicht sichergestellt.
Ausblick
Abzuwarten bleibt der tatsächliche Wirkungsgrad der Verordnung. Zunächst mündet die obligatorische Reinvestition des Erlöses in eine freiwillige Selbstverpflichtung für die Emittenten, obgleich die neue Verordnung eine Leitlinie für nachhaltiges Wirtschaften werden kann. Ferner schafft das im Wertpapierprospekt zu veröffentlichende „Factsheet“ erhöhte Transparenz, wodurch das Vertrauen der Anleger gesteigert werden könnte. Zu mehr Transparenz und einer Harmonisierung des Rechtsrahmens verhelfen auch die Klassifizierung der Finanzprodukte anhand der EU-Taxonomie und die Berichtspflicht. Es bleibt abzuwarten, ob die Anleger dem Verwaltungsaufwand der Offenlegungspflicht gewachsen sind und die Nachfrage nach grünen Anleihen konstant bleibt. Dem Gesetzgeber droht aufgrund der stetigen technologischen Weiterentwicklung die dauerhafte Reformbedürftigkeit der die EU-Taxonomie konkretisierenden Normen.
Kategorien
Kapitalmarkt, Bankaufsichtsrecht, Kreditgeschäft, Gesetzgebung