Nutzungswertersatz nach Darlehenswiderruf ist steuerpflichtiger Kapitalertrag | GÖRG Banking & Finance Blog

Nutzungswertersatz nach Darlehenswiderruf ist steuerpflichtiger Kapitalertrag

Die Welle der Rechtsstreite im Zusammenhang mit dem Widerruf von Immobiliar-Verbraucherdarlehen, die insbesondere vor Juni 2010 geschlossen wurde, ist abgeebbt. Noch immer offen sind indes die steuerlichen Folgen der Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehens nach Widerruf.

Nutzungswertersatz als "Widerrufsjoker" des Verbrauchers

Nach dem bis zum 12. Juni 2014 geltenden Recht bestimmten sich die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Verbraucherdarlehens nach den Bestimmungen zum gesetzlichen Rücktrittsrecht (§§ 346 ff. BGB i.V.m. § 357 Abs. 1 BGB a.F.). Dem Verbraucher stand ein Anspruch auf Ersatz der Nutzungen zu, die die darlehensgebende Bank aus den vom Verbraucher geleisteten Zahlungen gezogen hatte, wobei nach der Rechtsprechung widerleglich vermutet wurde, dass die Bank Nutzungen in Höhe des ihr zustehenden Verzugszinssatzes gezogen hatte. Ab dem 13. Juni 2014 regelte der Gesetzgeber die Rechtsfolgen des Darlehenswiderrufs neu (§§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357a Abs. 1 und 3 BGB). Ein Nutzungswertersatzanspruch des Verbrauchers ist nicht mehr vorgesehen.

Drei Finanzgerichte bejahen Kapitalertragsteuerpflicht - eines stellt sich dagegen

Wurde unter Geltung alten Rechts ein Darlehensvertrag nach Widerruf rückabgewickelt und leistete die darlehensgebende Bank für die vom Verbraucher gezahlten Zins- und Tilgungsbeiträge gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB Nutzungswertersatz, so stellt dieser nach Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz einen steuerpflichtigen Ertrag aus sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar (Urteil vom 27. Januar 2021, 2 K 1590/19, rkr.). Im gleichen Sinne entschieden hatten zuvor bereits das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 6. November 2018, 12 K 1328/17) und das Finanzgericht Köln (Urteile vom 14. August 2019, 14 K 719/19, und 15. Dezember 2020, 5 K 2552/19).

Eine Steuerpflicht verneinte hingegen das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 8. Dezember 2020, 8 K 1516/18).

Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof

Gegen die Urteile des Finanzgerichts Köln sind Revisionsverfahren vor dem BFH anhängig (Az. VIII R 30/19 und VIII R 7/21). Die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist ebenfalls anhängig (Az. VIII R 5/21).

Die durchschnittliche Verfahrensdauer eines Revisionsverfahrens vor dem BFH beträgt 20 Monate. Möglicherweise wird der BFH also schon bald eine Klärung dieser noch offenen Frage herbeiführen.

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